Nachdem ich darauf angesprochen wurde, noch ein bisschen Hintergrundinfo zum Literaturmuseum, weil es wirklich toll ist. Im dritten Stock ist immer die jeweils aktuelle Ausstellung zu sehen – schon dafür alleine kann man Stunden verwenden. Im ersten und zweiten Stock die Dauerausstellung zur österreichischen Literaturgeschichte. Im zweiten Stock von der Aufklärung bis 1918, im ersten Stock ab dann bis zur Gegenwart.
Sehr witzig ist, dass die Ausstellung gleich mit der Aussage von Friedrich Nicolai beginnt, einem Hauptvertreter der Aufklärung, dass die österreichische Literatur quasi nichts tauge. Gut, das war 1761. Dann gibt es eine ziemliche große Sektion über Franz Grillparzer (u.a. sein Arbeitszimmer). Hier habe ich mir angehört, was Konstanze Fliedl, bei der ich meine Diplomarbeit geschrieben habe, über Weh dem, der lügt zu erzählen hat – im ganzen Museum gibt es viele kleine Hörelemente. Weh dem, der lügt ist, wie man heute sagen würde, extrem gefloppt und Grillparzer hat danach keine Stücke mehr aufführen lassen. Das Scheitern wohnt den Schriftstellern auf die eine oder andere Weise ohnehin immer inne – auch Ferdinand Raimund, dem es ähnlich ging und der schließlich Suizid beging. Nestroy war eventuell etwas robuster.
Die Ausstellung ist in viele “Elemente” gegliedert, die sich teilweise natürlich auch überschneiden, so etwas wie “Die Ringstraße”, “Der Salon” – wo man auch dem Wiener Kreis wieder begegnen kann – “Der Börsencrash”, “Arbeiterbewegung” usw. Es gibt auch die Sektion “Ein Brief” und wenn man als Germanistin etwas von einem Brief liest, dann kann man nur an den einen denken, über den man wochenlang in irgendwelchen Seminaren gesprochen hat harhar, nämlich dem Chandos Brief von Hugo von Hoffmansthal. So lang ist dieser zwar nicht, beschäftigt sich aber mit Poetik und (der Grenze) von Sprache und kann deshalb nach Herzenslust analysiert und zerklaubt werden. Natürlich findet sich auch der Jedermann im Museum.
Der Fin de Siecle – meine Lieblingszeit in der Literatur – wird ausführlich behandelt, wobei ich mir mehr Schnitzler erwartet hätte. Immerhin gibt es eine schöne Wien-Karte, wo aufgezeichnet ist, in welchen Gegenden Leutnant Gustl herumgeirrt ist, vor seinem Duell mit dem Bäcker. Es gibt sehr viel Kafka und ich muss sagen, die Serie von David Schalko hat da echt sehr gut informiert. Ausgestellt ist der Brief an Max Brod, in dem Kafka ihn, Brod bittet, sein ganzes Werk zu vernichten. Wir wissen, wie das ausgegangen ist. Sidestep: Ich war ja immer dafür, dass Schalko jetzt eine Schnitzler Serie macht und nicht Braunschlag 2, aber mich fragt ja keiner.
Auch das Klimt-Fakultätsbild Die Medizin findet man hier, ich muss schon wieder an jemand denken.
Und sehr viel zur Kaffeehausszene und der sogenannten Kaffeehausliteratur:
Wir erfahren vom Brecht-Boykott, der unter anderem von Friedrich Torberg orchestriert wurde, ich muss mich da noch mehr in die Materie einlesen. Ein großer Teil ist dann noch Thomas Bernhard und Ingeborg Bachmann gewidmet. Auch der experimentellen Literatur wird Platz gegeben, aber mit der kann ich persönlich jetzt nicht so besonders viel anfangen. Das Ende bildet ein Überblick über die “Schreibprozess” von Schriftstellern, sammeln, notieren, anordnen, skizzieren, das fand ich sehr spannend.
Und auch wenn ich jetzt so viel geschrieben habe, so habe ich auch sehr viel vergessen. Es erfasst das Museum nur unzureichend. Wie gesagt, es ist wirklich einen Besuch wert (unbezahlte Werbung)


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