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How to have Sex, eins

Kürzlich habe ich den Film How to Have Sex von Molly Manning Walker nachgeholt, der in Cannes 2023 uraufgeführt wurde und dort den Un Certain Regard Award gewonnen hat. Ich habe ihn im Kino nicht angeschaut, weil ich ehrlich gesagt nichts damit anzufangen wusste. Ich habe in letzter Zeit nämlich ein paar Coming of Age Filme, die sich vor allem mit Party-machenden Jugendlichen beschäftigen – Booksmart und Bottoms – begonnen anzusehen, aber bald wieder abgebrochen. Let’s face it: Ich bin zu alt dafür. Meine Befürchtung war, dass How to have Sex ein ähnlich gelagerter Film ist, das ist er aber in keiner Weise.

MILDE SPOILERWARNUNG

How to Have Sex wirkt zwar, als wäre er eine typische Jugendliche-haben-Sex Komödie, doch erstens ist der Film absolut keine Komödie, und zweitens geht es nicht einmal wirklich um Sex. Zumindest wenn man Sex als etwas anderes empfindet als den rein mechanischen Akt. Die Freundinnen Tara (Mia McKenna-Bruce), Em (Enva Lewis) und Skye (Lara Peake) reisen von England nach Kreta, um dort sowas wie ein (ursprünglich amerikanisches) Spring-Break zu feiern. Während Skye und die lesbische Em schon Erfahrungen gesammelt haben, will Tara dort ihr erstes Mal erleben. Alle drei freuen sich auf “den besten Sommer ihres Lebens”, wozu auch Party und viel Alkohol gehört…

Bereits die erste Szene setzt die Segel für die Ambivalenz des Filmes. Die drei jungen Frauen wollen nachts im Meer baden, das haben sie sich wie das ultimative Auskosten der Freiheit vorgestellt, aber wie sie übereinstimmend feststellen: Das Meer ist eiskalt. Ihre Zigaretten werden nass. Überall an ihnen klebt Sand. Die drei kommen mit überzogenen Ideen und jede Menge Illusionen auf eine südliche Insel und sollten schon anhand des ersten Eindrucks erkennen und in weiterer Folge auch gewarnt sein: Idealvorstellung und Wirklichkeit liegen fast immer ganz schön weit auseinander.

Bald darauf hören wir I am the One and Only von Chesney Hawkes, die Mädels versuchen sich in Karaoke, und für einen Moment frage ich mich, ob der Film wohl in den 1990er Jahren spielen soll, denn ich erinnere mich daran, wie meine Freundin, die sehr gut singen konnte, das Lied früher auch gern gesungen hat als wir im Alter der Protagonistinnen waren. Aber schon werden die Smartphones gezückt – mit langen, hippen Ketten verziert – und wir sehen, der Film spielt doch in unserer Gegenwart. Gleichzeitig erinnert die Szene aber auch daran, dass die Art und Weise wie Jugendliche konzertiert “ausbrechen” wollen, sich über die Jahrzehnte zwar an aktuelle Technologien adaptiert, aber sonst anscheinend nicht großartig geändert hat. Zumindest empfindet es die Regisseurin wohl so.

Der Film besteht im Grunde genommen aus zwei Teilen. Der erste Teil ist für jeden, der keine 20 mehr ist, sehr anstrengend. Hektik, Lärm, Besäufnis, Übelkeit, aggressive Fröhlichkeit, zu wenig Schlaf, Geschrei, wieder Lärm etcetera. In fast dokumentarischem Stil gelingt es Manning Walker hier, die Atmosphäre eines durch und durch kommerzialisierten Feriendorfes, das von konsumorientierten jungen Menschen frequentiert wird, beklemmend anschaulich zu schildern. Alkohol, Zigaretten, Musik, Sex, Party – alles ist hier ist bedeutungslose Ware, zum reinen Gebrauch bereitstehend, ohne tieferen Sinn und im Grunde genommen auch ohne besonderes Genuss.

Der zweite Teil – nun ja, das schreibe ich morgen. Cliffhanger!

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