almis personal blog

the drugs do not work, acht

nach der gelungenen operation kehrt so etwas wie normalität ein. 

wir haben lust auf kino und es wird ein ritual an den samstagabenden. zwei stunden abschalten. wir besuchen das deutsche kino in brixen oder das in bruneck. bruneck ist zwar etwas weiter entfernt, aber es ist schön, nachts über die recht verlassene bundesstraße zu fahren. einmal schneit es sogar. es ist schön, vom auto zum kino durch den schnee zu stapfen. die dame an der kinokasse ist auch schwanger. ihrem bauch nach zu schließen, hätten wir wohl ungefähr zur gleichen zeit termin gehabt, ende dezember/anfang jänner. das ist ein ganz eigenartiges gefühl. irgendwie habe ich den impuls, ihr zu sagen, dass ich auch schwanger bin, obwohl das seit einigen wochen ja nicht mehr der fall ist. aber oft fühlt es sich noch so an.

wir gehen regelmäßig zum eurospar nach bozen süd einkaufen. wir haben ein kleines lokal in der nähe des krankenhauses gefunden, wo wir mittags manchmal essen. wir sehen uns die leerstehende wohnung einer bekannten nahe der bozner altstadt an. ich spiele mit dem gedanken, nach bozen zu "übersiedeln" (dann würde ich mir jeden tag vier stunden fahrzeit ersparen), aber nach einer nacht gebe ich w.o. ich habe keinen fernseher und vor allem kein internet, kann mich mit niemandem austauschen. ich sitze abends um 19 uhr alleine in der wohnung, ich lese ein buch aus, dann ist es noch nicht mal mitternacht, es ist kühl, ich wickle mich in allen möglichen decken und schlafe schlecht. morgens dann wieder alleine, die besuchszeit beginnt erst gegen mittag. ich "flüchte" mit sack und pack.


"non dimenticare di larvarti le mani" – händewaschen nicht vergessen, intensivstation bozen oktober 2007

adrian wird derweil mit koffein behandelt. das ziel ist, ihn möglichst bald extubieren zu können. eine lange beatmungszeit hat verschiedene nachteile, einerseits kann ein zuviel an sauerstoff die augen schädigen und im schlimmsten fall zur erblindung führen, andererseits kann sich eine sogenannte "beatmungslunge" entwickeln. eine lange intubation kann auch später das schlucken erschweren, was schwierigkeiten beim essen und trinken machen kann.

es gibt gute tage und es gibt weniger gute tage. an guten tagen habe ich eine gewisse routine. das piepsen und klingeln der monitore ist nicht bedrohlich. das desinfizieren der hände und anziehen des mantels geht ruck-zuck. beschriften und abgeben der milchflaschen. dann halte adrians hand und plaudere ein bisschen mit der psycholgin. die sonne scheint herein, sonst tut sich nichts. die weniger guten tage haben immer etwas mit atemproblemen zu tun. adrian kriegt schlecht luft oder macht eine längere atempause, die schwestern kommen. es ist fallweise schwer mitanzusehen. manchmal ist schon die bloße berührung seines arms zuviel und er kommt aus dem gleichgewicht. ich merke dann wie ich versuche, mich gefühlsmäßig von ihm zu distanzieren. das fühlt sich natürlich falsch an und klappt auch nicht wirklich, ist aber manches mal einfach selbstschutz, um mit der situation umgehen zu können.

immer wieder bin ich beeindruckt von der menschlichkeit der krankenhausangestellten. die seelsorgerin spricht jede woche mit mir, ebenso wie die psychologin. ich kann ihnen zwar nicht sagen, wie es mir geht, das klappt nur bei ganz wenigen menschen, aber dennoch hilft es. die schwestern von der geburtshilfe-abteilung winken mir zu, wenn sie mich sehen. der schönste moment ist vielleicht, als meine hebamme, die auch meinen namen trägt, viele wochen nach der geburt auf die station kommt, mich hinter dem brutkasten nicht sieht, zu einem pfleger geht und fragt: "e come sta adrian?" (= und, wie gehts adrian?). darüber bin ich sehr gerührt.

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