almis personal blog

Mank

Als ich über Pauline Kaels Biografie recherchiert habe, hab ich auch gelesen, dass sie ein Buch über Citizen Kane namens Raising Kane und Orson Welles geschrieben hat, in dem sie Orson Welles quasi vorwirft, dass dieser sich alle Lorbeeren für den bahnbrechenden Film selbst umgehängt hat, er war ja Hauptdarsteller und Regisseur, und auf den tatsächlichen Drehbuchautor Herman Mankiewicz (genannt Mank) “vergessen” hat.

David Fincher wiederum hat einen – durch Corona beinahe komplett untergegangen – Film über eben diesen Drehbuchautor gemacht, der Film heißt Mank und hatte 2020 kaum einen Kino Release. Er erzählt die Geschichte der Zeit als Mank Citizien Kane schrieb – von Orson Welles beauftragt, alleine mit einer Physiotherapeutin (er hatte ein gebrochenes Bein) und einer Sekretärin in einem verlassenen Haus in der Mojave Wüste. Dazu erfährt man in Rückblenden einiges über sein Leben. Mank war schwerer Alkoholiker und sollte in Klausur quasi überwacht werden, damit er sich auf das Schreiben konzentrierte. Plan war, die Geschichte vom Aufstieg und Fall eines reichen Mannes aus verschiedenen Perspektiven zu erzählen. Mank gehörte damals dem Freundeskreis von MGM Boss Louis Mayer und dessen engem Vertrauen, dem Millionär und Zeitungsverleger William R. Hearst, an. Aus Wut darüber, dass alle ihre (politischen) Ideale nach und nach verrieten, entschied Mank sich, Hearst als Vorbild für den Protagonisten in Citizen Kane zu nehmen…

Ich hätte nicht gedacht, dass ich das mal über einen Fincher Film sagen würde, aber Mank ist zwar ein guter Film, mir aber fast ein bisschen zu akademisch. Man hat das Gefühl, es bräuchte eigentlich nach jeder Szene eine Reihe von Fußnoten. Wenn man wenig über das Hollywood der 1930-er und 1940-er weiß und Citizen Kane nicht kennt (oder, wie ich, schon vor Ewigkeiten gesehen hat), ist es teilweise schwer, alles an den elaborierten Dialogen zu verstehen. Hier gilt aber wieder “form follows function” – etwas, das Mank im Film an einer Stelle auch sagt. Denn: Citizen Kane wäre damals dann fast nicht gedreht worden, weil das Drehbuch so komplex und sperrig war. Der Film war auch ein Flop an den Kassen, bis er dann Kultstatus erlangte und bis heute als einer der besten Filme überhaupt gilt.

Gary Oldman als Mank ist wie immer super, wenn er einen höchst facettenreichen und intelligenten, gleichzeitig aber dysfunktionalen bis kaputten Typ spielen muss. Amanda Seyfried, die ich bisher nur aus eher leichten Komödien kannte, ist hier erstaunlich tiefgründig als Geliebte von Hearst und sieht auch so aus, als käme sie direkt aus dieser Zeit. Ja und spannend ist natürlich, dass hier – ähnlich wie heuer bei Priscilla von Sofia Coppola – die für die Öffentlichkeit weitaus bekanntere Person (Orson Welles) kaum vorkommt. Der Film stellt sich total auf die Seite von Mank.

Mank hatte, wie gesagt, einige Mühe, sich in die Credits hineinzureklamieren, was darin gipfelte, dass beide, er und Welles, dann gemeinsam den Drehbuchoscar gewannen, aber niemand zur Verleihung erschienen ist. Als Mankiewicz einen Tag später vor die Kameras trat und den Oscar in Empfang nahm sagte er: “I am very happy to accept this award in the manner in which this screenplay was written, which is to say, in the absence of Orson Welles.” Als der Journalist ihn daraufhin fragt, wieso Welles dann als Autor genannt wurde, entgegnete Mank: “Well, that my friend, is the magic of the movies.”

Ein Beispiel jedenfalls wieder dafür, dass die Entstehung eines Werkes einen ebenso spannenden Filmstoff abgeben kann wie das Werk selbst. Aber vorher, wenn möglich, nochmal Citizen Kane ansehen.

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