almis personal blog

panic no more

huch. was ist mit panic at the disco passiert? 

haben wir hier einen bedauernswerten fall von: zurück zur natur, sinnsuche, abkehr von glam, dekadenz und leichtem irrsinn? wo ist das burleske geblieben, das das erste album der band, a fever you can’t sweat out, geprägt hat?

das phänomen ist ja nicht unbedingt neu. man konnte es beispielsweise bei der brit-indie band suede beobachten, deren frontman plötzlich, auf dem letzten album der band, a new morning (nie, niemals kann man als rockband einen solchen esoterischen titel für eine platte wählen), singt: "the birds sing for you, and your positivity". hallo? anderes beispiel, selbe ecke, pulp. zuerst waren da flotte songs über schlechten sex, klassenkampf und panikattacken. und wie heißt ihr letztes album? we love life. dagegen ist ja a new morning noch anarchie pur. jarvis coker singt von trees, "that produce the air that we are breathing". es mag ja ironisch gemeint sein, aber: schnarch.

panic at the disco laufen leider gefahr, schon mit album nummer 2 – pretty odd (so heißt das album) –  den schwanengesang einzuleiten. beim song that green gentleman (der per se unbedingt nicht schlecht ist, nur zu heiter, zu geradlinig, zu wenig durchgeknallt, eine art musikalische version vom burton film big fish) heißt es: "things have changed for me, and that’s ok. i want to go where everyone goes, i want to know what everyone knows, i want to go where everyone feels the same."

NEIN! bitte nicht! damit untergrabt ihr euren job, jungs! in den park drachensteigen lassen können wir alle selbst gehen, dazu brauchst nicht eine band aus vegas, die schrill sein soll, geschminkt, schräg. wie bei i write sins not tragedies oder but it’s better if you do.

die killers (ebenfalls aus vegas) wollen heuer auch noch ein album rausbringen. es soll angeblich day and age heißen. aber wehe ich höre da drauf was von
sonnenschein und vögeln (harhar). dann werde ich ernsthaft böse.

dexters laboratory

endlich also auch damit begonnen, dexter zu sehen. 

2001 lief eine bahnbrechende, wunderschöne, schmerzliche, erschütternde, hoch-ästhetische serie auf hbo an, diese serie nannte sich six feet under. die handlung drehte sich um das leben der familie fisher, die in los angeles ein bestattungsunternehmen führt. da waren die söhne david (michael c. hall) und nate (peter krause) sowie die tochter claire (lauren ambrose). michael krauses – den ich als eigentlichen hauptdarsteller von six feet under bezeichnen würde –  neue serie heißt dirty sexy money, lauren ambrose wurde mutter und derzeit mit the return of jezebel james im us-tv zu sehen. tja und michael c. hall, damals leiter des bestattungsunternehmens fisher und söhne und schwul, ist dexter, ein forsensiker mit dem spezialgebiet blut. und serienmord.

dexter morgan arbeitet tagsüber fürs miami police department, nachts geht er seiner lust, menschen zu töten nach. er sucht sich dafür allerdings nur solche aus, die es nicht mehr "verdienen" weiterzuleben. nicht etwa deshalb, weil er das gefühl hat, damit einen bizarren dienst an der menschheit zu leisten, sondern weil sein vater, früher cop im miami police department, ihn dazu angehalten hat, keine unschuldigen zu töten, wenn er schon töten müsse. dann doch lieber die verbrecher, die ihre strafe nicht bekommen haben.

dexters haut wirkt immer etwas gelblich – gelblich so wie auch seine leichen aussehen. er ist nicht in der lage, emotionen zu empfinden, lebt aber ein völlig angepasstes leben. er übt einen angesehenen beruf aus, er trifft regelmäßig seine schwester debra bei der arbeit, sie ist ebenfalls polizistin, und auch privat. und er hat eine partnerin, rita, durch ihren gewalttätigen ex-ehemann selbst schwer traumatisiert. liebevoll (oder das, was er sich dazu abgeschaut hat) kümmert er sich um ihre beiden kinder. ritas sexuelles desinteresse kommt ihm gerade recht, findet er doch sex "würdelos". er ist, nach eigendefinition, ein "reinliches monster".

sehr positiv hervorzuheben – abgesehen von michael c. halls leistung – die besetzung der nebenrollen, mein besonderer liebling ist lt. laguerta, die wahl des schauplatzes: miami, sonniges urlaubsparadis einerseits, eine der gefährlichsten städte der usa andererseits. und das kunstvolle, wenn auch nicht unbedingt magenschonende intro der serie. (vergleiche six feet under).

umberto, peter, botho und co.

morgen wird der literaturnobelpreis vergeben. 

und diesmal ist philipp roth erstmals seit jahren nicht haushoher favorit. warum nicht? der sekretär der nobelpreisjury sagt deutlich, dass europa das zentrum der zeitgenössischen literatur sei. nicht die usa, die zu sehr auf massenkultur fokussiert sei. pointiert ist in einem – ziemlich polemischen – focus-artikel zu lesen, dass literaturnobelpreisträger am besten mit verschrobenen politischen äußerungen auftrumpfen sollen oder "komplett aus der welt gefallen sein müssen" (was für eine geniale formulierung!) wie dario fo oder doris lessing.

2004 bekam – völlig überraschend – elfriede jelinek den nobelpreis. eine stunde später wurden im institut der wiener germanistik kopierte zettel mit dieser nachricht aufgehängt, ich glaube, es stand sowas wie "hurra" dabei und unzählige rufzeichen. ein besonderer moment.

die spannung steigt jedenfalls.

thank god it was friday

ein ziemlich perfekter freitagabend beginnt mit dem jauchzen des kindes beim eintreffen der babysitter. 

dann geht man zur garage um das auto zu holen. es schüttet. aber komischerweise macht einem der regen gar nichts aus. man trägt zwar rock, aber auch stiefel, schließlich ist ja schon herbst. und überhaupt ist es schön, unter einem regenschirm zu gehen. autofahren bei regen ist überhaupt toll. man hört dabei natürlich musik "everyone here is in love with everyone else here" (the boat people)… oder franz ferdinand the dark of the matinee, "i charm you und tell you of the boys i hate, all the girls i hate, all the words i hate, all the clothes i hate und how i’ll never be anything i hate – you smile mention something that you like or how you’d have a happy life if you did the things you like" oder the strokes you only live once. bei den strokes habe ich immer das gefühl, dass jeder ihrer songs, so nett er auch ist, unvollständig bleibt. mit voller absicht.

also in die innenstadt. das ist wien grob gesagt der erste bezirk. in dieses bestimmte lokal. eine amerikaner-italiener-cocktailbar fusion. an eben dieser bar junge hippe menschen. ansonsten jede menge normalos. hunde. zwei kleinere kinder, die die gutmütigen hunde ein bisschen necken. hoffen, das keiner der hunde in einen plötzlichen blutrausch verfällt. und dann wird bei rotwein, shiraz um genau zu sein (oh gott, ich bin so ein wein-nichtauskenner, ich musste tatsächlich googlen, wie man den schreibt, aber egal, hauptsache rot), schlemmern. tomatensuppe und pasta und warmer schokokuchen mit warmer schokosauce. due espressi. stundenlang reden und essen, perfekt. zurück auf der straße regnet es immer noch. gottseidank.

daheim dann schläft das baby zufrieden. und bei californication ist evan handler gerade nackt. auch das erträgt man noch, an so einem abend.

das haiku

in californication wird hank moody gefragt, was er beruflich macht. er sei autor. aha. und was schreibe er da so? romane, drehbücher, haikus.

im ersten semester germanistikstudium, in einer der allerersten stunden, wurden wir von unserem professor im fach "neuere deutsche literaturwissenschaft" dazu genötigt motiviert, ein haiku zu verfassen. gottseidank gab es keinen vortagszwang. ich hatte nie zuvor von dieser japanischen gedichtform gehört, allerdings begegnet sie mir seither immer wieder – in zeitungsartikeln, filmen, in diskussionen und ja, eben auch in tv-serien. haikus scheinen irgendwie sehr kultig zu sein. sie bestehen auch genau 17 silben (5 – 7 – 5) und fordern vom autor dadurch eine reduktion auf das wesentliche.

das parade-haiku unseres professors war eines von ingeborg bachmann: verflognes haiku/ gefunden im traum – erwacht/ wieder verloren. wie soll man da mithalten können? obwohl mich die haikus von hank moody auch sehr interessieren würden.

grüße von gutenberg

heute in einem leserbrief an den relaunchten falter (den ich mir diesmal aufgrund der cover-überschrift paul auster über die usa gekauft habe) gelesen:

"hat man gutenberg persönlich zur falter-umgestaltung engagiert? schaut so aus. nichts als serifen. zugeramtsche seiten. gestalterisches mittelalter."

harhar. (ich finde den neuen look btw. nicht so übel)

der himmel über meran, zwei

ich mag joseph zoderers art zu schreiben. ruhig, sachlich, unaufgeregt. aber dennoch (oder gerade deshalb) gelingt es ihm perfekt, stimmungen zu vermitteln.

wenn in zoderers erzählband der himmel über meran der wind weht, dann ist es auch schon mal "der wind eines anderen sommers". sofort weiß man, was der autor meint. wenn der dezember als "das lange trostlose jahresstück" bezeichnet wird, in dem der protagonist "nach nichts verlangt", auch. und erst recht, wenn jemand "zu aufgeregt und zu glücklich" zum essen ist. 

ein junger student genießt es "ohne zeitvorschrift aus dem haus treten zu können (…) und einbiegen in die nächste gasse, zwischen den häuserfronten zu flanieren, leute ansehen, frauen, schick gekleidete mädchen, und hinter der nächsten ecke sozusagen den sommer des mittelmeers riechen zu können, auch noch im späten herbst zwischen den standeln des bozner obstmarktes."

in der letzten und zugleich am wenigsten konkreten erzählung sagt der protagonist: "den himmel über meran kenne ich nicht. obwohl ich unter ihm geboren bin an einem novembermorgen". und dann "wenn der nebel so dicht wird, daß die dolomitengipfel und die sarner gebirgsrücken einer ebene scheinbar gewichen sind, ist mir manchmal die via ripetta in rom viel näher als an sonnentagen."

sowie: "ich gehe vor mich hin, als ob der himmel eigentlich unter meinen füßen wäre". und zuletzt: "unter diesem südtiroler himmel wandere ich mit dem bewußtsein, daß alles teil eines lebensabenteuers ist (…) mir gefällt das widersprüchliche und ich leide mit. wie oft wünsche auch ich mir das eindeutige, den einzigen klaren blauen himmel und weiß, wie unterträglich langweilig das auf dauer wäre".

schön.