almis personal blog

womit habe ich das verdient

so, weiter mit der almodovar filmbox, diesmal haben wir womit habe ich das verdient? gesehen. 

in österreich ist es so, dass thomas bernhard spätestens seit heldenplatz als nestbeschmutzer nummer eins gilt. heldenplatz war schon vor der uraufführung ein skandal, der begriff rollenprosa tauchte in der ganzen hysterie interessanterweise nie auf, obwohl er durchaus hilfreich gewesen wäre. stattdessen wurde nur darauf herumgeritten, dass es in dem stück heißt, österreich, das seien "sechseinhalb millionen debile und tobsüchtige" und über wien: "in dieser stadt müsste ein sehender ja tagtäglich rund um die uhr amok laufen." eigentlich ist bernhard auch ein witziger autor, wird in österreich aber selten als solcher rezipiert. 

nach genuss von womit habe ich das verdient, frage ich mich, ob pedro almodovar in spanien auch so umstritten ist. das bild, dass er von seinen landsleuten zeichnet, ist nicht besonders sympathisch: seine figuren sind gerade in diesem film sehr harte, brutale, gnadenlose persönlichkeiten, die sich im bestenfall gegenseitig ignorieren, meistens aber sich ihre abscheu ganz offen zeigen. männer schlagen ihre frauen, frauen züchtigen ihre kinder, kinder verwahrlosen, polizisten dilettieren durch die szenerie… der ganze film ist grau und deprimierend, aber auch auf groteske art witzig.

es geht um das leben der hausfrau gloria (carmen maura), deren mann eine deutsche sängerin liebt und sie, gloria, nur zum hemdenbügeln und zur schnellen sexuellen befriedigung braucht. ihre söhne sind drogensüchtig und prostituieren sich. die verschrobene großmutter, die bei ihnen wohnt, hält sich einen leguan und bringt zusätzliches chaos in den alltag. kulisse: madrider wohnsilos. furchtbar anzusehen. aber der film ist auch voller kuriositäten. etwa als die großmutter mit ihrem enkel literatur-hausaufgaben macht. es geht darum, realistische und romantische autoren zu unterscheiden. selbstsicher diktiert sie: ibsen – romantisch. byron – realistisch. goethe – realistisch. balzac – romantisch. um dann zu bemerken: "das ist doch gar nicht schwer!".

inmitten der tristesse gibt es aber immer wieder kleine augenblicke von menschlichkeit und emotionalität. auch wenn diese gut versteckt sind.

donnerwetter, blitz

in der nacht von gestern auf heute hat – während eines schneesturms (sic!) – der blitz mit einem ohrenbetäubenden knall in dach und kamin eines der nachbarhäuser eingeschlagen.

 dabei kam ganz schön was runter:

danke an handyfotoreporter m., ich überweise in kürze 100 euro für die bereitstellung des bildmaterials (click to enlarge).

die mama

meine liebe freundin e., selbst mutter eines fast erwachsenen sohnes, hat mich vorgewarnt als adrian damals aus dem spital zu uns nachhause gekommen ist. ab jetzt werde jeder fremde sich berufen fühlende, mich als mutter hinterfragen, meine erziehungsmethoden anzweifeln und generell seinen senf dazugeben. wie recht sie doch hatte. 

vorausgeschickt sei: adrian sagt sehr gerne "nein" in verschiedenen variationen. wir versuchen natürlich, ihm auch andere wörter schmackhaft zu machen, aber bisher mit wenig erfolg. nun stehe ich also heute an der supermarktkasse und er brabbelt fröhlich (nicht gequält und unterjocht!) seine "neins" vor sich hin. sagt die frau neben mir mit hochgezogenerer augenbraue zu ihrem mann: "der wird von der mama den ganzen tag nur nein hören." wie wahrscheinlich jeder liebe ich es enorm, wenn andere menschen von mir in der dritten person sprechen, wenn ich direkt danebenstehe und das umso mehr, wenn die botschaften so freundlich und wohlmeinend sind.

nun stehen mehrere repliken zur verfügung. 

variante rechtfertigend

"ich sage nicht immer nein, ich sage nur dann nein, wenn er sich vom sofa stürzen, nach dem messer greifen oder gebrauchsgegenstände im wc versenken will."

variante ironisch

"ich weiß auch nicht was er gerade hat. zuhause sprechen wir stundenlang über griechische philosophie"

variante gesellschaftskritisch

"es wundert mich ehrlich, dass immer weniger frauen kinder bekommen, obwohl sie doch so vom reichhaltigen erfahrungsschatz ihrer umwelt profitieren würden."

variante beflissen

"ich werde es seiner mutter ausrichten."

variante over the top

"ich bin nicht nur schuld daran, sondern auch an der derzeitigen weltweiten finanzkrise und an den schlechten leistungen der österreichischen fußballnationalmannschaft."

variante feig

weggehen.

wofür habe ich mich wohl entschieden? bessere kommentare werden übrigens gerne entgegen genommen.

alle sieben wellen

hier ist er also, der fortsetzungsroman zu gut gegen nordwind von daniel glattauer: alle sieben wellen. eventuelle kleinere spoiler können folgen.

alle sieben wellen erinnert mich an so manche deutschschularbeit auf dem gymnasium. man liest das vorgegebene thema und man hat unzählige ideen. man beginnt zu schreiben, freut sich, dass einem sovieles einfällt, man schreibt sich in einen rausch, man vergisst alles rund um sich…und irgendwann sieht man auf die uhr. nur noch fünf minuten bis zur abgabe. und man ist mitten in seiner geschichte, nicht an ihrem ende. nun hat man ein problem; die geschichte muss jetzt an ihrem klimax abgewürgt werden. koste es, was es wolle. so ähnlich ist es daniel glattauer wohl gegangen, auch ohne drohende schulglocke.

zunächst ist alles vielversprechend: leo und emmi, die sich nur per mailkorrespodenz kennen lernen und zwischen denen es seit geraumer zeit knistert, aber nichts weiter passiert (offenes ende bei gut gegen nordwind) treffen sich nun persönlich. das face to face-kennenlernen beendet aber nicht ihre kommunikation per email, denn beide sind sich immer noch nicht darüber im klaren, welche art von beziehung sie führen möchten. der diskurs geht also weiter. und glattauer hat wieder ein paar originelle einfälle, um die spannung zu halten und die funken fliegen zu lassen. nachdem sie sich das erste mal getroffen haben, meint leo: "du schreibst manchmal hart an der grenze zu dir selbst" und emmi ist überzeugt davon, dass er so ist wie er schreibt: "ich habe dich erkannt. ich habe dich wiedererkannt."

aber wehe, wehe wenn ich an das ende sehe. das ende kommt – nach jahrelangem virtuellem umeinander herumschleichen – viel zu plötzlich, zu pragmatisch und auch zu selbstverständlich. so als hätte glattauer mit einem schlag vergessen, welche persönlichkeiten seine protagonisten sind. so einfach sind sie nämlich eigentlich nicht gestrickt.

trotzdem: alle sieben wellen ist wieder ein roman, den man kaum aus der hand legen kann. und der sich über weite strecken spannend und witzig liest. ok und ein bisschen kitschig. aber das ist in ordnung. denn er unterscheidet sich von anderer leichterer kost darin, dass es nicht ums aussehen geht, nicht um diäten, lifting, mode oder kosmetik. es geht hier nur um das innenleben, um worte und gedanken. und das finde ich angenehm.

zitiert

im aktuellen falter sagt alfred dorfer über österreich: 

"österreich hat eine kritische größe. es ist zu groß und zu klein zugleich. bemerkungen über internationale politik kommen in deutschland viel besser an, weil der informationsgrad dort höher ist. das trifft aber auch auf liechtenstein zu. aufgrund der eigenen marginalität ist man dort gezwungen, sich international umzuschauen. in österreich hat sich etwas völlig paradoxes halten können: eine mischung aus desinteresse und nonchalance gegenüber internationalen ereignissen."

finde ich ganz interessant beobachtet.

die abenteuer eines kleinkindes

adrian ist mit seinen korrigiert 14 monaten gerade in der ein- und ausräumphase. 

das bedeutet: wenn man seine schuhe anziehen will, muss man erst mal jede menge euro und centmünzen aus ihnen leeren. in der badewanne findet man ein handyladegerät, eine leere plastikflasche, mehrere computerkabel, schwimmtiere. sucht man sein handy, findet es nicht und ruft daraufhin mit dem festnetztelefon an, läutet es im sackerl mit altpapier, das man dann gleich ausleeren gehen wollte. ähem.

wenn der geneigte leser mich also telefonisch in kürze nicht mehr erreichen kann, weiß er bescheid.

vom kern der sache

kürzlich bin ich nach sehr langer zeit wieder mal am frühen abend durch die innenstadt gebummelt. es war in der dämmerung, die luft angenehm mild, die straßen nicht überlaufen.

da wir bald lieben besuch bekommen, wollte ich wieder mal spüren wie sich das anfühlt, durch die stadt zu spazieren. es ist schön, bei hell erleuchteten geschäften stehen zu bleiben, ausgestellte bücher anzusehen. nach neuer musik ausschau zu halten. sich die nase an glasscheiben plattzudrücken, um dieses eine kleid noch besser zu sehen. und einfach nur gehen. nachdenken. was macht wien aus, wo und wie kann man die stadt am besten einfangen? was ist das typische? ist es diese spiegelung des stephansdoms im haashaus? der geruch auf der rotenturmstraße nach fiaker? der ausblick von der ruprechtskirche auf den donaukanal? der sonnenschein im volksgarten? der wind auf der freyung?

früher hat das wiener orginal waluliso, den man immer irgendwo auf der kärntnerstraße getroffen hat, eine gewisse wien-stimmung transportiert. und wenn man rainhard fendrich glauben darf, muss man wien bei nacht gesehen haben und man sollte nicht auf "walzerklang oder auf herzen aus gold" hoffen, denn "man hat sich davon schon gottseidank, einigermaßen erholt." etwas weiter entfernt von der innenstadt liegt die hauptbibliothek am urban loritz platz, von der aus man einen eher unspektakulären, aber frischen und modernen weitblick auf den trubel des gürtels hat.

herauszufinden, was eine stadt bedeutet, ist ähnlich dem gefühl, sich selbst so zeigen zu können wie man ist. wenn man das möchte. und vor allem wem gegenüber man das will. in allen seinen facetten. und vor allem auch mit seinen selbstzweifeln. mit seinen unzulänglichkeiten. seine hoffnungen, fragen. seinen wünschen, träumen. den gedanken, die einen glücklich machen. und den gedanken, die einen traurig machen.

when somebody knows you well, there’s no comfort like that (london rain, mrs. heather nova).

spring

am anningerweg, märz 2009

es wird langsam frühling. ehrlich. alles riecht danach. und der tichy hat aufgesperrt. wie immer am freitag vor meinem geburtstag. heute konnte man schon ein bisschen draußen sitzen, auf einer parkbank. die bäume sind noch kahl, ok, aber das ist nur eine formsache, dass sie blühen werden.

jedes jahr im winter denke ich, das ist doch gar nicht schlimm. der schnee ist sogar ganz nett. und jedes jahr im frühling frage ich mich, wie ich es geschafft habe, so lange auf ihn zu verzichten.