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Call me by your name

Das Setting von Call me by your name ist folgendes: Die Familie Perlman besteht aus dem Vater, einem Archäologieprofessor (Michael Stuhlbarg), der Mutter (Amira Casar), einer Übersetzerin, und dem 17 jährigen Sohn Elio (Timothee Chalamet). Die Mutter sagt, sie seien “Jews of discretion”; jedenfalls ist die Familie sehr gebildet, offen und mehrsprachig. Sie verbringt den Sommer in ihrer Villa “irgendwo in Norditalien” mit Hausangestellten und vielen Freunden, die auf Besuch kommen. Und wie jeden Sommer nimmt Prof. Perlman einen Doktoranden bei sich auf, der ihm bei Forschungsarbeiten assistiert. In diesem Jahr ist es der 24-jährige Amerikaner Oliver (Armie Hammer), der ein bisschen so aussieht wie die Statuen, über die Prof. Perlmann forscht und die, wie er sagt, so wirken “as they are daring you to desire them.” Elio findet Oliver anfangs sehr arrogant; bald muss er sich aber eingestehen, dass er Gefühle für ihn entwickelt…

Milde Spoiler möglich

Regisseur Luca Guadagnino gelingt es hervorragend, uns den Italo-Vibe der 1980er Jahre zu vermitteln. Wir schwitzen förmlich im klimatisierten Kinosaal, wenn wir die menschenleeren Piazze sehen, wo die Luft dampft, die alten Sommerhäuser, die Pinienwälder, die Seen, die Erfrischung versprechen. Es wird über den Tod von Luis Bunuel gesprochen, über die Regierung Craxi und wir hören Songs wie Words und Lady Lady Lady aus dem kleinen Radio von Elio kommen. Wir hören Elio aber auch Klavier und Gitarre spielen. Als Oliver ihn fragt, was er hier an diesem trägen Ort macht, “Read books, transcribe music, swim at the river, go out at night”. “Sounds fun”, sagt Oliver, und dann “Later” und verschwindet, wann immer er will. Das bringt Elio auf die Palme und er trifft sich häufiger mit Marzia, die in ihn verliebt ist. Eines Tages liest seine Mutter ihm eine deutsche Fabel vor, in dem es darum geht, ob man sagen soll, was man fühlt, auch wenn es gefährlich ist oder ob man lieber sterben will (ohne etwas gesagt zu haben).

Der Film hat sehr witzige Szenen, etwa wenn Professor Perlman Oliver auf die Probe stellt, indem er über die Wortherkunft von Aprikose (falsch) doziert und wartet, wie Oliver darauf reagiert. Oder wenn italienische Freunde zu Besuch sind, die sich über alles echauffieren und dann Oliver in die Diskussion über italienische Politik einbeziehen wollen. Der Mann wendet ein, Oliver sei Amerikaner, worauf seine Frau sagt: “Americano non vuol dire stupido” (das bedeutet nicht, dass er dumm sein muss.) Der Film hat sehr traurige Szenen, die ich nicht verraten will. Der Film hat einen irrsinnig guten, vielleicht den besten Vater-Sohn Dialog, den ich jemals in einem Film gesehen habe, und alleine dafür hätte Michael Stuhlbarg eine Nominierung für den Nebenrollenoscar verdient, weil er so sensibel, warmherzig und lebensklug, dabei aber auch verletzlich mit seinem Sohn spricht.

Einige Oscarnominierungen hat der Film dennoch bekommen wie bester Film, bester Hauptdarsteller (Chalamet, der seitdem eine beeindruckende Karriere hingelegt hat) und bester Song – Mystery of love von Sufjan Stevens, das 2018 tatsächlich mein meistgehörtes Lied war, weil es so schön traurig und meditativ ist. Für das Drehbuch von James Ivory – nach einer Romanvorlage von André Aciman – wurde Call me by your name dann auch ausgezeichnet.

Was Elio und Oliver erleben, erzählt von der Liebe selbst, nicht der homo- oder heterosexuellen, sondern von der Liebe an sich. Natürlich waren wir in den 1980er Jahren noch nicht dort, wo wir jetzt sind, Homosexualität wurde nicht so offen ausgelebt, noch nicht so akzeptiert. Vor allem Oliver hat diesbezüglich Skrupel. Die Analogie besteht aber darin, dass man, egal wen man liebt, immer zurückgewiesen werden kann, dass man sich einem anderen auch immer irgendwie ausliefert; dass das eigene Glück plötzlich so sehr mit einem anderen Menschen verknüpft ist, aber wie lange man letztendlich das Leben miteinander teilt weiß man nicht, man ahnt wie schlimm der Schmerz ist, wenn es einmal endet, dennoch riskiert man es. Diese Ambivalenz bildet der Film hervorragend ab.

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