Gestern habe ich es noch schnell ins Literaturmuseum mit freiem Eintritt geschafft.
Obwohl diese Aktion jetzt vorbei ist, kann ich die aktuelle Ausstellung Woher wir kommen. Literatur und Herkunft nur sehr empfehlen. Wie auch schon bei der Ingeborg Bachmann-Schau vor zwei Jahren ist das Thema ungeheuer interessant und auch umfangreich aufbereitet. Ich war fast eineinhalb Stunden dort und da war ich schon recht zügig unterwegs.
Das Thema Herkunft wird aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet. Sowohl auf die “Klassenzugehörigkeit” und die ökonomischen Möglichkeiten bezogen, wie auch auf die jeweilige Familiensituation/Konstellation, oder auch in Hinblick auf den kulturellen Background, einen etwaiger Migrationshintergrund bzw. Mehrsprachigkeit. Vorgestellt werden dabei verschiedende Autoren bzw. Autorinnen und ihre dazu passenden Texte (oft handschriftlich), wie auch Alltagsgegenstände und private Fotos, die das Thema illustrieren.
Mir gefällt das sehr gut, wie das Museum es schafft, auch visuell gewisse Stimmungen zu vermitteln:
Wir lesen, dass das Überwinden der eigenen Klassengrenzen ein Hauptthema bei der Nobelpreisträgerin Annie Ernaux war. Wir lesen über die Südtiroler Autorin Anita Pichler, die über “die zwei Orte” reflektiert, zwei Sprachen, zwei Lebensweisen und wie sie diese Binärität auch in ihrem weiteren Leben immer wieder sucht. Wir erfahren natürlich über Ingeborg Bachmann und Klagenfurt, über Peter Handke und seine Rückkehr nach Griffen nach dem Suizid seiner Mutter. Die ganze Ausstellung dreht sich um die Pole: Ankommen, wegfahren, anderswo ankommen, zurückkehren. Herkunft wieder finden, von ihr fliehen.

Es gibt auch sehr inkonventionelle Interpretationen von Herkunft. In einem Gedicht von Wilhelm Szabo heißt es: “Mein Vater der Regen, meine Mutter der Wind, ich bin des Nebels, des Graugewölks Kind. (…) Ich bin gebürtig aus jeglichem Land, entsprosse den Tundren, den Hainen, dem Sand.”
Lustig ist Ödon von Horvaths Kurzbeschreibung seines Lebens. Er schildert gewisse Ereignisse in Bezug zu seiner jeweiligen Körpergröße: “Mein Interesse für Kunst, insbesonders für die schöne Literatur, regte sich relativ spät, bei einer Höhe von 1,70 Meter. Mit 1,69 hatte ich mein erstes ausgesprochen sexuelles Erlebnis (…) Heute gehe ich nur mehr in die Breite, aber hierüber kann ich Ihnen noch nichts mitteilen, denn ich bin mir halt noch zu nah.”
Am Ende kann man noch über seine eigene Herkunft reflektieren:
Es gibt dann noch auf zwei Stöcken eine Dauerausstellung über die (österreichische) Literaturgeschichte, da war ich aber nur kurz, weil schon so voller Eindrücke. Ich werde sie mir mal separat ansehen.
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