almis personal blog

Priscilla, Elvis und Co., zwei

Ok, also Baz Luhrmann. Seinen Film Moulin Rouge habe ich fast auswendig mitsprechen gekonnt, in einer Phase meines Lebens hat er mir sehr viel bedeutet. Entgegen meiner Erwartungen fand ich es ganz wunderbar, wie Nicole Kidmann und Ewan Mc Gregor in Paris der Jahrhundertwende miteinander singen. Ja, Moulin Rouge ist so überladen und voller Pathos und man kann das auch cheesy finden, gleichzeitig ist es aber auch herrlich selbstironisch und ich war wirklich hin und weg, ich habe ja so einen kleinen soft spot für gegen-den-Strich gebürstete Filmmusicals, mit Menschen, die nicht eigentlich keine Sänger und Tänzer sind (siehe La La Land). Denn eines hat Luhrmann mit Sofia Coppola gemeinsam, er setzt auch gerne moderne Musik in ganz andere Zusammenhänge – in Moulin Rouge mischt er Whitney Houston, Elton John, Sting, Beatles, David Bowie und noch einige andere zusammen und macht dann doch etwas ganz anderes daraus.

Jetzt füllt sein Elvis genau die Leerstellen, die bei Priscilla entstanden sind. Während Priscilla eigentlich fast ausschließlich die schwierige Beziehung zwischen eben Priscilla und Elvis zeigt und sonst wenig aus Elvis’ Leben, beleuchtet das Baz Luhrman Werk die toxische Verbindung von Elvis und seinem Manager Colonel Tom Parker – Tom Hanks angelegt am Rande einer Karikatur. Dieser Colonel kommt bei Coppola nur am Telefon vor, nie im Bild, während er in Elvis quasi der Erzähler ist, der sich unschuldig am Tod von Elvis wähnt, definitiv aber eine ziemlich zwielichtige Rolle in seinem Leben gespielt hat und ganz sicher nicht alle Entscheidungen zu dessen bestem getroffen hat.

Und auch wenn mich Elvis als Person wie gesagt eher weniger interessiert und ich ihm auch in diesem Werk kaum näherkomme, mag ich diesen unverkennbaren Luhrman Stil immer noch, dieses over-the-top, die Kamera, die das Bild einmal im Kreis dreht, seine vielen kleine originellen Ideen – über Gebäuden steht zum Beispiel in riesigen stylischen Lettern, wo wir uns befinden, und auch das Klotzen statt Kleckern, was sonst nicht unbedingt so meines ist. Der Film ist so modern und jetzig, während Priscilla komplett im Stil der späten 60ziger und frühen 70-er verhaftet bleibt. Wie erwartet haben die beiden Filme praktisch gar nichts miteinander zu tun. Aber man bekommt ein umfassenderes Bild, weil der Zugang so unterschiedlich ist.

Viel mehr Parallelen finden sich erstaunlicherweise von Priscilla zu Maestro, von und mit Bradley Cooper. Maestro erzählt ja kaum etwas vom Musiker und Dirigenten Leonard Bernstein – wenn einen die musikalische Komponente ins Kino lockt, ist man bei TAR viel besser aufgehoben – sondern es geht hauptsächlich um die Beziehung zwischen Bernstein und seiner Frau Felicia. Wie wir jetzt alle wissen, war Bernstein bisexuell und hatte nebenbei Beziehungen zu Männern und das ist das Hauptthema des Films. Und eigentlich ist es , wie bei Prisicilla, oft auch ein Film über die Frau an der Seite von einem sehr berühmten Mann, wobei die Problemlage der beiden Ehen natürlich unterschiedlich gelagert ist. Und obwohl der Film Maestro heißt, gilt der erste Monolog in diesem Film Felicia, ebenso das letzte Bild, mit dem man dann das Kino verlässt.

Priscilla, Elvis und Co., eins

Ich muss ehrlich sagen, ich kann mit Elvis Presley nichts anfangen. Meine Großeltern, bei denen ich aufgewachsen bin, mochten ihn nicht. Ich kann mich auch nicht erinnern, dass er bei meinem Musik-affinen Vater irgendwo zwischen Bob Marley, Jazz und Wagner-Opern mal aufgetaucht wäre. Und ich persönlich konnte ebenfalls gar nicht andocken, weder musikalisch noch am Phänomen Elvis.

Insofern war ich nicht allzu gespannt auf Priscilla, den neuen Film von Sofia Coppola. Denn auch wenn es in diesem Film nicht direkt um Elvis geht, sondern eben um seine Frau, dachte ich mir, wenn ich den (ziemlich faden) Trailer sehe, kenne ich die gesamte Problematik. Nämlich: Die beiden heiraten sehr jung – Priscilla war 14 als sie sich kennenlernten – und dann verräumt Elvis sie auf Graceland, während er selbst um die Welt reist und Karriere macht. Auch wenn Coppola irgendwie auf die “Sad girls” abonniert ist und die mitunter auch hervorragend porträtiert – Lost in Translation ist nach wie vor einer meiner Lieblingsfilme und da passiert jetzt plottechnisch auch wenig – war ich skeptisch, ob Coppola da wirklich viel mehr herausholen kann. Aber dennoch war ich natürlich auch neugierig, weil ich unter anderem eine tolle Besprechung im FM4 Filmpodcast gehört habe (den ich diese Woche entdeckt habe, und der ganz super ist).

Nachdem ich den Film jetzt gestern gesehen habe, muss ich leider sagen, dass er mich tatsächlich nicht überzeugen konnte. Ich habe lange gegrübelt, woran das liegt und ich glaube, dass mir das gefehlt hat, was die frühe Sofia Coppola sehr ausgezeichnet hat: Stimmungen zu transportieren, ungeheuer starke Bilder zu erzeugen und musikalisch zu untermalen. Natürlich schafft Coppola es zu vermitteln, was zwischen Priscilla und Elvis schief läuft und darzustellen, dass Graceland im Prinzip ein goldenes Gefängnis für Priscilla war. Sie zeigt einen dominanten Elvis (Jacob Elordi), der kritisiert, wenn Pricilla (Cailee Spaeny) große Blumenmuster trägt, weil sie dafür zu klein wäre und, der möchte, dass sie dauernd daheim hockt und sich von ihr wünscht “keep the home fires burning”, also sehr Steinzeit-lastig. Darüberhinaus ist Pricilla, so skurill es auch klingt, ein bisschen ein Mutterersatz für ihn, eine Vertrauensperson, auf die er sich verlassen will. Diese Vertrautheit steht hier meilenweit über der wenig relevanten sexuellen Beziehung der beiden. Das alles ist handwerklich schon tadellos erzählt und auch sehr gut gespielt, aber es geht für mich nicht darüber hinaus. Mir fehlt ein Spin, der mir irgendwas zeigt, was ich nicht erwarte, in dieser Konstellation.

Sofia Coppola hat die Rechte an den Elvis Songs nicht bekommen – im Gegensatz zu Baz Luhrmann, der ja erst im vorigen Jahr seinen Elvis Film herausgebracht hat. Was natürlich daran lag, dass sie ja die “gegnerische” Seite beleuchtet hat. Das ist aber kein allzu großes Malheur, denn Coppola ist ja dafür bekannt, dass sie Musik sehr anachronistisch einsetzt, man denke an Marie Antoinette, wo das Leben der französischen Königin durchgehend mit Indiepop untermalt wird und das einfach toll ist, weil es genau diese Brechung ist, die ein relativ bekannter biografischer Stoff braucht, um irgendwie frisch zu wirken und man das Ganze aus einer anderen Perspektive sieht. Bei Priscilla ist mir die Musik dann eigentlich zu unauffällig und zu wenig kontrastierend.

Und weil mich der Film irgendwie so leer zurückgelassen hat, habe ich mir gedacht, ich muss im Anschluss gleich den Baz Luhrmann Elvis anschauen (auf Amazon Prime zu sehen, unbezahlte Werbung), um einen direkten Vergleich zu ziehen.

To be continued…

Poor Things

Ich weiß, wir konnten überall lesen, dass Greta Gerwigs Film Barbie das feministische Manifest des Filmjahres 2023 war. Und auch wenn ich Gerwig sehr schätze, ich “fürchte”, den tatsächlich feministischen Film des letzten Jahres hat Giorgos Lanthimos gedreht. Und er heißt Poor Things.

Poor Things wird erst im Laufe des Jänners in den österreichischen Kinos anlaufen, es gab aber vor Silvester einige Vorpremieren in Wien. Ich habe die – sehr gut besuchte – im Votiv Kino miterlebt.

Ganz ehrlich war ich skeptisch, was Poor Things betrifft. Ich hab von Lanthimos vorher nur The Lobster gekannt, aber der Film hat mich nicht wirklich abgeholt. Die Prämisse fand ich zwar super, aber mit Fortschreiten der Handlung entwickelte sich The Lobster für mich in eine sehr abgedrehte naturalistisch-triste Richtung. Und bei Poor Things fand ich schon die Prämisse eher heikel: Eine junge Frau Frau namens Bella Baxter (Emma Stone) aus hier nicht näher zu erläuternden Gründen auf dem Entwicklungsstand eines Kleinkindes, lebt bei einem Anatomieprofessor names Godwin (Wiliam Dafoe), den sie “God” nennt und wird von diesem als “Experiment” betrachtet und in ihrem Alltag und ihrer Entwicklung beforscht. Aufgrund ihrer Fortschritte gelangt sie an den Punkt, an dem sie die Welt entdecken will, an ihrer Seite der windige Anwalt Duncan Wedderburn (Mark Ruffalo)…

Bella Baxter ist wahrscheinlich schon jetzt zu den ikonischsten Protagonistinnen der Filmwelt zu zählen. Und in ihrer Darstellung kann man so viel falsch machen und es könnte so peinlich und unangenehm sein, ihr zuzusehen. Denn Bella ist am Anfang von Poor Things wie gesagt geistig kaum entwickelt. Weil sie aber eine junge und attraktive Frau ist, begegnet ihr ihre Umwelt natürlich nicht wie sie einem kleinen Kind begegnen würde; speziell Männer (wir befinden uns vermutlich so irgendwo Ende des 19. Jahrhunderts) nähern sich ihr oft recht übergriffig und sie reagiert dann auf eine unschuldig-naive, oft auch das Gegenüber entlarvende Weise. Man merkt ihr trotz ihrer generellen Unerfahrenheit in der Welt ihren Freiheitsdrang und auch den Wissensdurst an. Und so nimmt ihre Entwicklung ihren Lauf und diese Entwicklung ist eben die einer selbstbestimmten Frau, die weiß, was sie will. Und zwar als Frau – oder auch einfach Mensch – die sich nicht von irgendwas abgrenzt oder gegen irgendetwas arbeitet, sondern die für Dinge einsteht und brennt.

Im Votivkino herrschte bald eine recht ausgelassende Stimmung, weil der Film ist enorm witzig und strange und bizarr, aber auch total lebensbejahend und positiv. Ort der Handlung ist eine surreale Welt, die zwar London oder Paris heißt, aber eigentlich der Fantasie von Lanthimos entsprungen ist und es ist toll, was er sich alles hat einfallen lassen. Ähnliches gilt im Übrigen auch für die Kleidungsstücke, die Bella trägt. Irgendwie von ihrer Zeit inspiriert, aber mit einem originellen Twist. Und Emma Stone ist so glaubwürdig und liebenswert als Bella, obwohl das wirklich eine Rolle ist, für die es keinerlei Vorbilder gibt und die soviele Fallstricke beinhaltet (sehr viel sexuelles, sehr viel “allzumenschliches”).

Absolut sehenswert, wenn man unkonventionelles mag.

Der Trailer:

Helnwein in der Albertina

Wie in allen Ferien gibt es einen Oma/Kind Ausflug. Diesmal habe ich die Helnwein Ausstellung in der Albertina (unbezahlte Werbung) vorgeschlagen. Die Oma musste ich da nicht überreden, schließlich hatten wir daheim früher auch Hausner-Werke hängen – und Helnwein war ein Hausner Schüler; das Kind kriegt man mit dem Hinweis, dass die Bilder sehr arg sind. Zuerst waren wir noch beim Italiener zur Stärkung.

Gottfried Helnwein kennt man eh soweit. Ein Künstler, der schon in meiner Kindheit in Wien “umstritten” war, weshalb er heute auch großteils in L.A. und in Irland lebt; was aber auch immer für für ein interessantes Euvre spricht. Gleich am Anfang begegnen mir der Mickey Mouse, die bei Helnwein Zähne hat.

Helnwein ist ja bekannt dafür, dass er gerne mit Populärkultur spielt, alleine schon deshalb, um mehr Aufmerksamkeit zu bekommen. Er gehört nämlich nicht zu den Künstler, die glücklich darüber sind, nur eine gewisse Klientel der eh schon kunstinteressieren Bevölkerung anzusprechen, nein, er möchte am liebsten auf Titelblättern von Zeitungen zu sehen sein, also muss er auch irgendwie breitenwirksam arbeiten und wer ist breitenwirksamer als Mickey. Das Bild fand ich schon früher irgendwie gruselig, nur aufgrund von Mickeys Zähnen.

Noch besser funktioniert eine Disney Maus natürlich in Verbindung mit Adolf Hitler. Auch Donald Duck kommt vor:

Bekannt ist Helnwein aber vor allem auch für seine Darstellung von verwundeten Kindern und generell Menschen mit körperlichen Deformationen. Das folgende Bild gehört da eher zu den harmlosen Exemplaren:

Und durch Darstellung von Gewalt bzw. Kinder und Gewalt.

Ich finde dabei immer wieder faszinierend, dass die Bilder eigentlich wie Fotografien aussehen, dieser Hyperrealismus ist schon ziemlich gruselig. Das Kind fand aber die Bilder gar nicht so grausig wie versprochen, aber schon sehr verstörend (und demzufolge auch interessant). Helnwein kommt also auch bei Jugendlichen von heute an. Außerdem hat mich das Kind in der Ausstellung auch entdeckt.

Almi, wenn sie um drei Uhr früh im Kinderzimmer auftaucht, weil noch telefoniert und gezockt wird.

Am Ende durfte sich noch jeder Postkarten im Souveniershop aussuchen (leider gab es den Hasen nicht) und anschließend lud Oma auf einen Absacker ins Grand Hotel ein, was teurer klingt als es ist, man kann in der Lobby ganz normal Kaffee trinken. Ein sehr schöner Tag.

Das war’s

Was ich mich 2023 gefragt habe:

…warum Leute eigentlich draußen Maske tragen. Mein Favorit diesbezüglich: Radfahrend, während es regnet.

…warum man zuerst gesellschaftlich komplett gegen die “Rosa/Hellblau-Falle” ankämpft, dann aber ein Mädchen, das sich für Autos interessiert oder ein Junge, der mit Puppen spielt, in den Verdacht gerät, im “falschen Körper” zu stecken?

…ob man jemals wieder Skepsis an vorgegeben Standpunkten zu jeglichen Themen anmelden darf, ohne sofort als rechtsextrem eingestuft zu werden?

Was ich 2023 zu oft erlebt habe:

Begräbnisse (zwei sind zwei zuviel). Arztbesuche. Scams- sowohl privat als auch beruflich (Gott sei Dank nur halbwegs geringer finanzieller Schaden). Traurige Freundinnen (für manche Geschehnisse gibt es einfach keine passenden tröstenden Worte).

Special thanks:

Gehen an meinen Orthopäden, der mich mittels Infiltrationen und dem Tipp: “A Rua geben” plus stundenlang spazierengehen von meinen multiplen Bandscheibenvorfällen geheilt hat.

Stolz bin ich:

Auf das Kind, von dem ich in der Schule höre, dass er genauso bleiben soll wie er ist, und das nicht auf die Leistung bezogen (die eh auch passt); ich schließe mich dem an. Wir haben null Pubertätskämpfe, alles schon zwischen dem 3. und 6. Lebensjahr erledigt, harhar.

Insgesamt gab es viele besondere Momente in Freundschaften, mit dem Patchwork (zum Beispiel Punschkrapfenlieferung ans Sofa wegen Bewegungsunfähigkeit meinerseits usw.) und in Kinosälen. Ich kann das Leben wieder schön finden, mit dem “aber”, dass jemand fehlt und damit Nähe und Gespräche, die nicht mehr geführt werden. Aber der Kontakt ist wieder da, das ist beruhigend, dass man sich nicht ganz verloren hat.

Zusammenfassend kann ich sagen: Ich fühle mich wie in der zweiten Zeile eines Refrains, in dem das Schlagzeug in der 3. Zeile wieder einsetzt.

Und apropos schiefe Metaphern: nächstes Jahr möchte ich dann wirklich mein Buch fertigschreiben.

In diesem Sinn: Happy 2024!

Frühstücken…

Zum Jahresende noch schnell mal ein Frühstückspost, und gleichzeitig vielleicht das beste heuer neuentdeckte Frühstück. Und zwar im Cafe Cottage (unbezahlte Werbung) Versucht nicht, es auszusprechen, es ist auf alle Fälle falsch. Vorne gibt es allerdings ein Schild, das da behilflich ist, ich glaube es stand Kotäääsch.

Es befindet sich im tiefsten 19., ich hab mich alleine gar nicht reingetraut, weil das ist echt nicht mein Klientel, ich bin aus Favoriten hearst! Das Frühstück war traumhaft, habe mich mal für etwas anderes als Egg Benedict entschieden, sondern für “Das Entspannte.” Es war wirklich sehr entspannt:

Beinschinken, Brie, Ei im Glas, Müsli mit Früchten, Marmelade, Orangensaft, mhmmm.

P. und ich hatten dauernd das Gefühl, wir wären von Promis umgeben. Es war auch bummvoll. P so: “Bitte müssen die alle nichts arbeiten an einem Mittwoch?” Harhar.

In der Nähe findet sich eine kleine architektonische Kostbarkeit, die Zacherlfabrik:

Zacherlfabrik, am 13. Dezember 2023

MRT und so

Jetzt war ich also MRT machen und darüber gibt es echt nichts aufregendes zu erzählen. Es ist laut. Auf ein Klopfen war ich eingestellt, weil ich das gegoogelt habe, nicht aber auf Sirenen und anderes akustisches Alarmszenario. Ist halt blöd, wenn man erschrickt und eigentlich aber vollkommen ruhig liegen soll. Es gibt sicher einen Grund für diese aufdringliche Geräuschkulisse, ich kenne ihn allerdings nicht. Falls es jemand weiß, bitte schreibt mir!

Gestern dann habe ich den Befund bekommen und als ich ihn online öffne und lese: Bandschreibenvorfälle (mehrfach) hab ich erstmal geheult. Ich dachte mir so, jetzt hab ich ein Jahr lang versucht, mein Leben in den Griff zu kriegen, dann hat das also irgendwie geklappt und nach dem Sommer beginnen komische Schmerzen, die ich jetzt seit Wochen hab (nicht durchgehend, aber täglich). Beim Essen, beim Arbeiten, beim Gehen, und vor allem in der Nacht, ich stehe teilweise um vier Uhr auf und lektoriere was, weil ich nicht schlafen kann, weil jede Liegeposition unangenhm ist. Und jetzt – so meine Schlussfolgerung – muss ich auch noch operieren.

Gottseidank wurde mir dann versichert, dass heutzutage Bandscheibenvorfälle kaum noch operiert werden und praktisch nur, wenn sonst nix hilft. Da ging es mir gleich besser und ich habe die melodramatischen Tränen getrocknet. Ich dachte schon, ich muss jetzt schnell meinen Roman fertigschreiben, bevor ich operiert werde, weil wer weiß…. (jede OP ist ein Risiko). Dabei hätte mein Papa über so eine OP gesagt: Da brauchst gar nicht richtig ins Krankenhaus rein, das macht gleich der Portier. Einer seiner berühmten Sprüche.

Und der Orthopäde heute: Es ist nur ein weicher Bandscheibenvorfall. Plus längere Infiltration direkt neben dem Nerv. Aber war nicht so wild, wesentlich angenehmer als wenn der Zahnarzt dir auf deinen Nerv bohrt, was bei mir dann in einem Kreislaufkollaps geendet hat. Und viiiiel weniger schmerzhaft als eine Nierenkolik. Das ist überhaupt mein Lebensmotto geworden: Wenigstens ist es keine Nierenkolik. Harhar.

Strange

Der Oktober war jetzt eher ein sehr merkwürdiger Monat für mich.

Erstmals musste ich den Notarzt rufen und mir eine Spritze geben lassen. Erstmals konnte ich fast eine Woche gar nicht gehen und auch nicht sitzen (für eine Selbstständige mit einem großen Projekt ein richtiger Horror), schlafen kann ich immer noch nicht besonders viel, aber langsam geht es aufwärts. Ich war sogar schon einmal (quasi probeweise) wieder im Kino. Außerdem wurde mir durch einen Scammer fast mein Konto leergeräumt, und im Freundeskreis gab es auch sehr unerfreuliche Entwicklungen. Naja und am Wochenende der Tod von Matthew Perry (siehe meine Kolumne).

Aber es gab auch positive Dinge, zum Beispiel ein paar liebe Chatnachrichten, super interessante Dokus über Ingeborg Bachmann und den Hörbiger Clan, einen schnellen MRT Termin, eine gute Physiotherapie-Vermittlung, es geschafft zu haben, mit meinem Projekt doch noch halbwegs wieder auf gleich zu kommen und die Aussicht auf einen *aufholzklopf* ruhigeren November.

Friday Blues

Gestern hatte ich keinen so guten Tag. Es war einer dieser Tage, die einmal Jahrestage waren, aber dann ihre ursprüngliche Bedeutung verloren haben, trotzdem aber weiter im Kalender zu finden sind. Sowas sollte einem nichts anhaben, tut es aber manchmal doch. Dazu kommt, dass das Kind in Kürze Geburtstag hat und da hat man auch so manche Erinnerung. Außerdem war ich halb verkühlt. Also halb verkühlt, mit Ischias Schmerzen und trüben Gedanken. Traumhaft. Harhar.

Ich erinnerte mich gestern komischerweise daran, als ich mit dem Kind, damals so zwei Jahre, ins Kinderturnen in die VHS Favoriten ging (er liebte das). Davor oder danach waren wir manchmal noch auf dem Spielplatz im Arthaberpark. Einmal trafen wir dort einen Jungen, er mag acht oder neun Jahre alt gewesen sein, der uns ansprach. Er spielte meinem Kind den Gummibärchen Song auf seinem Handy vor und meinte zu mir: “Das lieben kleine Kinder.” Damit hatte er recht. Dann buddelte er mit dem Kind in der Sandkiste und erzählte mir, dass er am Nachmittag immer alleine sei, weil seine Eltern bis am Abend arbeiteten. Als wir gingen, winkte er uns nach und fragte, ob wir öfter da sind und “Vielleicht sehen wir uns mal wieder.” Der Junge brauchte so dringend Gesellschaft und Aufmerksamkeit, dass es mir damals weh tat und gestern auch wieder. Wir sahen ihn nie wieder. Ich frage mich, was aus ihm geworden ist, er muss ja mittlerweile ein junger Erwachsener sein.

Dann nutze ich den Freitagabend um das Bad zu putzen (daran sieht man schon, wie verzweifelt ich war harhar) und hörte dabei den Podcast The Happiness Insight mit der Fotografin und Journalistin Pamela Russmann als Gast. Sie erzählte einige interessante Dinge übers Muttersein und das Leben mit ihrer Tochter, die mittlerweile 19 ist und als Aupair in Frankreich lebt. Eines konnte ich allerdings gar nicht nachvollziehen, als sie erklärte, es sei wichtig, seinem Kind am Tag 15 Minuten Aufmerksamkeit zu geben, das reiche oft schon, dann spiele das Kind alleine weiter, während man auf dem Spieleteppich einschläft. Also das kann ich wirklich nicht bestätigten, ich hatte mit Kleinkind einen Fulltimejob und selbst mein 16-jähriger braucht am Tag mehr Aufmerksamkeit als fünfzehn Minuten. Natürlich ist die Aufmerksamkeit, die man einem Jugendlichen gibt eine andere, aber trotzdem. Das soll keine Kritik sein, nur ein friendly reminder, dass jedes Kind nunmal anders ist.

Danach machte ich ein Tiramisu als Begleitdessert fürs Wochenende zu der Geburtstagstorte von Clever, die sich das Kind wie immer gewünscht hatte. (“Soll ich dir eine Torte backen?” – “Kann ich die von Clever haben”? – Der jährliche Klassiker). Und heute haben wir schon ein bisschen vorgefeiert und mir geht es besser. Es ist aber auch ok, manchmal traurig zu sein. Lasst euch da nix anderes einreden.

Endpunkt

Mit heute ist das Nachlassverfahren meines Vaters beendet. Das ist positiv, es ist ein Abschluss, der dringend notwendig war.

Wie ich schon geschrieben habe, war unser Verhältnis die letzten gut 15 Jahre schwierig bzw. der Kontakt irgendwann quasi nicht mehr vorhanden. Das ging nicht von mir aus und es ist auch nichts vorgefallen, was diese Situation provoziert hätte.

Der heutige Termin, das heutige Gespräch mit seiner Hinterbliebenen, hat nicht alle Fragen beantwortet, das wäre auch schwer möglich, es hat sich aber geklärt, dass es von meiner Seite tatsächlich nichts gegeben hätte, was daran etwas hätte ändern können. Und auch wenn man das im Innersten weiß und aufgehört hat, sich die Schuld zu geben, ist es gut, so etwas tatsächlich dann auch zu hören.

Ein zugegebenermaßen wichtiger Tag für mich.